Ministerpräsidentenkonferenz in Mainz

Angesagt war in Mainz eine Ministerpräsidentenkonferenz. Und da in Luxemburg neue Maßnahmen für die einzelnen Mitgliedsstaaten freigegeben wurden hieß es natürlich vor Ort zu sein, um Sorge zu tragen, dass diese Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Andernfalls würde es bei der aktuellen staatlich und von der Milchindustrie gelenkten Planwirtschaft bleiben. Und das wünscht sich kein Unternehmer. 

Die Polizei war auch mal wieder vor Ort und griff regelnd ein. So wurden die Bauern von der Straße vor dem Tagungshotel wegdirigiert. Auch die Fussgängerbrücke, die als Veranstaltungsort angemeldet war, sollte geräumt werden ob einer möglichen Einsturzgefahr. Gott sei Dank haben sich nicht alle Bauern beeindrucken lassen, denn sonst hätten sie nur den Park gegenüber dem Hotel zur Verfügung gehabt. Und wären damit weit ab vom Schuss gewesen. 

 

Unser Veranstaltungsleiter hatte dann auch eine Absprache mit der Polizei getroffen, dass die Bauern bitte friedlich bleiben und keine Wurfgeschosse oder ähnliches werfen sollen. So sollte eine spätere Unterredung mit den Ministerpräsidenten möglich gemacht werden. 

 

Nun ja, dazu kam es dann aber nicht. Welch Wunder. Als Argument wurde ein einzelner Jungbauer angeführt, der einen Schlagstock und Quarzhandschuhe dabei hatte. Wohlgemerkt: dabei hatte. Von Einsatz selbiger Ausrüstung war nicht die Rede. Dadurch wäre aber die Sicherheitslage für die Ministerpräsidenten gefährdet gewesen, führte die Polizei an. Dass die Polizei selber Schlagstöcke und die meines Wissens nach nicht legalen Quarzhandschuhe verwendet sei hier nur am Rande angemerkt. Auch, dass Schlagstöcke zu Verteidigungszwecken völlig legal für jeden Volljährigen frei zu erwerben sind.

 

Aber daran kann man wieder mal erkennen, wieviel Angst doch die Polizei und die Politiker vor ein paar Bauern haben. Traurig. Muss man doch gar nicht, würde man ihnen nur mal aufmerksam zuhören. Bei zunehmender Ignoranz aber machen Menschen, die sich in die Ecke gedrängt fühlen, anders auf sich aufmerksam. Das ist nur logisch. Das sollte selbst ein Politiker verstehen können.

 

Die haben sich übrigens weit ab von den Bauern zum Hintereingang des Hotels geschlichen, um ja nicht mit den Demonstranten in Kontakt zu kommen. Feige nenne ich solch ein Verhalten. Wäre jemand offen auf die Bauern zugegangen, ich bezweifle, das jemand mit etwas nach ihm geworfen hätte. Nichts anderes als ein offenes Ohr wünschen sich die Demonstranten schließlich.

 

So blieb den Bauern nur das, was als Veranstaltung geplant war: ein Zug quer durch die Stadt mit anschließender Kundgebung im Volkspark. Ca. 1000 Bauern zogen lautstark los und kamen erst knappe 2 Stunden später wieder zum Park zurück. Über den Umzug selber weiß ich leider nichts zu berichten, da ich nicht so gut zu Fuß war und es vorzog, am Platz zu warten.

 

Bei der Abschlusskundgebung kamen dann etliche Sprecher zu Wort. So etwa der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft AbL Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, ehemaliger EU-Grünen-Abgeordneter. Er sprach aus, was viele von uns wissen, dass aber von unserer vor der Politik „offizieller“ Berufsvertretung verdreht wird. Dass nämlich aktuell eine Planwirtschaft etabliert werden soll, wie es sie selbst in der DDR so nicht gegeben hat. Von EU, Staat und MIV gelenkter Überproduktion, damit eben die Milchindustrie wachsen kann wie sie möchte, egal wie der Markt gerade aussieht. Den Absatz machen dann Staat und EU schon über Exporterstattungen. Auf Steuerzahlerkosten. Und das alles unter dem Deckmantel eines Weltmarktpreises, zu dem nicht ein Bauer weltweit kostendeckend wirtschaften kann und dass dem Verbraucher höhere Preise für Milchprodukte nicht zugemutet werden könne. 

 

Ein Bauer aus Ostfriesland berichtete von der wirtschaftlichen Situation im Norden des Landes, der gerne als „Gunstregion“ der Milchwirtschaft hingestellt wird. Und so machte er klar, dass auch in dieser Gunstregion kein Bauer besser wirtschaften könne als in „weniger begünstigten Lagen“ wie in Süddeutschland. Es gibt keine Gunstregionen, solange der Milchpreis so weit unterhalb kostendeckender Erzeugerpreise bleibt! Es gibt durchaus unterschiedliche Kostenstrukturen zwischen Nord- und Süddeutschland, zwischen kleinen und großen Milchviehbetrieben, im Endeffekt kann man es aber rechnen wie man will, es kommt immer ein dickes Minus heraus. Egal, wo Milchvieh gehalten wird und wie. Der Versuch von bestimmten Gruppen, die Bauern mit der Argumentation über Gunstregionen gegeneinander aufzubringen, läuft so ins Leere. Das muss jeder Bauer verstehen. Dies war die Aussage des Bauern.

 

Romuald Schaber, Vorsitzender des BDM und EMB, schließlich beendete die Veranstaltung mit der Anklage an die Politik, dass sie nur wieder Geld locker mache, dass eigentlich gar nicht mehr da ist, und sie noch überhaupt nicht weiß, für wen es denn eingesetzt werden solle. Denn nicht nur den Milchviehbauern geht es aktuell schlecht, auch die Schweine- und Getreidepreise sind in der Zwischenzeit komplett weggebrochen. Und das alles soll nun mit 500 Millionen Euro verteilt auf zwei Jahre gelindert werden, wo alleine die Milchviehhalter im letzten Jahr 4,2 Milliarden Euro mehr hätten bekommen müssen zur Kostendeckung. Auch für die Selbstmorde unter den Bauern, den bisherigen wie den künftigen, sei alleine die Politik und jeder Politiker persönlich verantwortlich. Ein Herausreden gäbe es da nicht, denn schließlich habe es in den vergangenen 20 Jahren so gut wie keine Selbstmorde gegeben. Dies haben die Politiker selber durch ihr Nicht- oder Fehlhandeln zu verantworten. 

 

Anmerkung meinerseits dazu: Es wurde dem BDM schon unterstellt, dass man nicht mit Selbstmorden Werbung für die eigene Sache machen dürfe. Denen, die so etwas behaupten, sage ich: es gibt jede Menge Gründe, Selbstmord zu begehen, sicherlich. Es mögen auch andere Gründe als die betriebliche Situation dazu beigetragen haben. Es gibt aber auch jede Menge Möglichkeiten, sich das Leben zu nehmen. Wer sich als Bauer aber in seinem Melkstand erhängt, der wollte mit seiner letzten Handlung bestimmt ein Zeichen setzen für alle anderen. Und so traurig es für die Angehörigen ist und sie all mein Mitgefühl haben, ich gehe davon aus, das jemand, der so handelt, genau dieses Bild für die Öffentlichkeit vorgesehen hatte. Es sollte bekannt werden, das ein Bauer ob seiner wirtschaftlichen Lage in der Milchwirtschaft keinen anderen Ausweg mehr sah. Denn sonst hätte er seinen letzten Schritt genau so gut im stillen Kämmerlein machen können. Die Wahl, wie man etwas macht, sagt sehr viel über einen Menschen aus. Mehr, als das, was am Ende bleibt.

 

Nach Beendigung der Demonstration verließen die Bauern das Feld und fuhren mit Bussen und Traktoren wieder Richtung Heimat. Friedlich, wie sie gekommen waren. Was blieb, war der fade Beigeschmack, dass man nur mit Randale in die Presse kommt. Denn in den Medien war so wenig berichtet worden, dass man meinen könnte, wir wären gar nicht dort gewesen. So viel also zu friedlichen Demonstrationen. Traurig. Ob so weitere friedliche Demos möglich werden wage ich zu bezweifeln. Wenn weder die angesprochene Politik noch die Medien Kenntnis von einem nehmen, dann ist es vielleicht an der Zeit, das Vorgehen zu überdenken. 

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