Bundeskartellamt "droht" mit Bußgeldverfahren

Soweit ist es gekommen. Mal wieder meldet sich das Bundeskartellamt zu Wort in der Diskussion um kostendeckende Milchpreise. Und bekräftigt, das ein Bußgeldverfahren während des Milchlieferboykotts im letzten Jahr nur aufgrund ihres “Ermessensspielraumes” nicht eingeleitet wurde. Was bei einem neuerlichen Milchstreik allerdings nicht mehr der Fall sein würde.

Im Zuge der Liberalisierung des Milchmarktes würde es strukturpolitische Probleme gerade in kleineren Milchviehbetrieben geben. Ein Eingriff in den Wettbewerb, wie der vom BDM propagierte Einheitspreis sei jedoch nicht mit dem Kartellrecht vereinbar.

Mal wieder hat das Kartellamt nicht kapiert, worum es geht. Und zieht völlig falsche Schlüsse. Und auf diese beruft es sich noch für zukünftig mögliche Sanktionen. Peinlich. Weder der BDM noch sonst jemand fordert einen Einheitspreis. Das ist Blödsinn. Es müssen nur kostendeckende Preise erzielt werden. Über die Mittel dazu lässt sich streiten. Über die bloße Tatsache kostendeckender Preise aber nicht. Dies hat das Kartellamt so ähnlich auch schon früher bestätigt, in dem sie den Discountern untersagt hat, unterhalb des Einkaufspreises zu verkaufen. Ein Einheitspreis ist marktwirtschaftlicher Unsinn. Nur um die Kostendeckung geht es. Und so muss ein Mindestpreis den jeweiligen Anforderungen in Betracht auf die Herstellungskosten sowie Futtermitteleinkaufspreise etc. angepasst werden. Den Markt, den Wettbewerb würde dies nicht aushebeln. Der Wettbewerb wäre lediglich gezwungen, oberhalb des Mindestpreises stattzufinden.  Anderenfalls müsste eine entsprechende am Markt orientierte Mengensteuerung einen solchen Mindestpreis erzwingen.

Und genau dem möchte das Bundeskartellamt auch gleich entgegenwirken. Es argumentiert, dass das 2007 gegründete Milch Board zwar eine anerkannte Erzeugergemeinschaft wäre, die nach dem Marktstrukturgesetz, das genau solche grundsätzlich vom Kartellverbot freistelle, erlaubt sei. Aber eben doch sehr kritisch beurteilt würde, weil es zur Aufgabe hätte, so viel Milch zu bündeln, das dadurch der Wettbewerb ausgeschaltet würde. Nun, wenn das Kartellamt alleine Möglichkeiten beanstanden will, warum hat es dann die Gründung dieser Erzeugergemeinschaft zugelassen? Nur, weil es hoffentlich nie zu einer entsprechenden Bündelung kommen solle? Nein, solche Argumente halte ich für sehr weit hergeholt. Hat das Kartellamt wirklich etwas an der Wirkmethode einer marktstrukturgesetzkonformen Erzeugergemeinschaft auszusetzen, so hätte es bereits die Gründung ob der Möglichkeiten untersagen müssen. Im Nachhinein, weil es eben doch funktionieren könnte, zu sagen, das wäre nicht in Ordnung, ist etwas das es nicht geben dürfte in einem Rechtsstaat.

Davon unabhängig halte ich persönlich es für sehr unwahrscheinlich, das ein etwaiger Einspruch des Bundeskartellamtes gegen einen neuerlichen Milchlieferboykott, so er denn überhaupt stattfinden sollte, vor Gericht Bestand hätte. Sofern kein ausdrücklicher oder auch nur zweifelhafter Aufruf zu einem Streik von Seiten des BDM oder irgendwem sonst kommt, wäre es die unternehmerische Entscheidung jedes einzelnen Bauern, keine Milch mehr abzuliefern. Und dann ist das Bundeskartellamt schlicht nicht zuständig. Jedenfalls würde ich gerne sehen, wie das Kartellamt dagegen rechtlich vorgehen wollte.

Interessant ist nebenbei, dass das Kartellamt ein 1,2 Millionen schweres Bußgeld gegen Apothekerverbände verhängt hatte, weil diese dazu aufgerufen hatten, den Pharmagroßhändler, dessen Mutterkonzern die Billig-Versandapotheke Doc Morris aufgekauft hatte, zu boykottieren. Andererseits allerdings sieht das Kartellamt in der telefonischen Übermittlung von Tankstellenpreisen keine wettbewerbswidrige Preisabsprache. Es begnügt sich damit, sicherstellen zu wollen, das solcher Informationsaustausch in Zukunft unterlassen wird. Weshalb so sparsam in den Maßnahmen? Weil es sich um Mineralölkonzerne handelt? Weil diese größer und mächtiger sind, als es Apothekerverbände sind? Ist es wirklich so, wie es scheint, dass das Bundeskartellamt sich die kleineren härter zur Brust nimmt als die größerem? Das würde zumindest erklären, warum das Kartellamt die letzten Zusammenschlüsse unter großen Einzelhandelskonzernen zugelassen hatte. Und auch, weshalb es ohne ersichtliche Gründe den Bauern schon vorab “drohen” will.


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