Kommentar topagrar

Frankreich: Der starke Nachbar

in topagrar März 2010

 

Vier Seiten über die Molkereistruktur in Frankreich plus drei Seiten über den Ist-Zustand bei den Bauern. Zweifellos informativ, aber Zukunftsstrategien für die Milcherzeuger habe ich nicht entdeckt. Dafür aber jede Menge Pläne der Molkereien. Eigentlich schade, denn ohne eine zukunftsfähige Milcherzeugung werden die Molkereien ihre Strategien nie in die Tat umsetzen können. 

 

Ja, die französischen Molkereien haben starke Marken und Produkte und einen hohen Exportanteil. Angesichts des niedrigen Weltmarktpreises kann man aber nur zu dem Schluss kommen, dass der Markt gesättigt ist, wenn die Rohstofferzeugung ins Schlingern kommt. Auf so einem Weltmarkt an deutscher Stelle, nach französischen Vorbild, das Exportgeschäft ausweiten zu wollen bringt IMHO wenig. Schließlich müssten für ein Etablierung deutscher Produkte auf dem Weltmarkt andere, auch französische, verdrängt werden. Damit würde die Gesamtsituation der Milchwirtschaft keinen Deut besser dastehen. Und in einem Hochlohnland wie Deutschland billige Massenware wie Pulver international absetzen zu können ist ebenfalls kontraproduktiv. Solch eine Produktion liesse sich nur durch vehementen Einsatz von Steuergeldern aufrecht erhalten. Dies wird den Steuerzahlern zunehmen schwerer vermittelbar. Mal abgesehen davon, dass die Geldreserven relativ aufgebraucht sind und es keine Erhöhungen von Ausgleichszahlungen geben wird, die eine billigere Massenproduktion für den Weltmarkt als derzeit möglich machen könnte. Die Strategie der Franzosen 1zu1 zu übernehmen funktioniert so gesehen nicht. 

 

Interessant ist, dass die Franzosen eine höhere Wertschöpfung aus der Milch ziehen. 1 Euro pro Liter im Gegensatz zu den deutschen 80 Cent. Liegt natürlich an den vielen Markenprodukten an Käse und Joghurt. Insgesamt wären die Preise für Milchprodukte 25% höher als in Deutschland. Der Butterpreis fängt laut Artikel in Frankreich erst bei 99 Cent an und reicht bis 2,99 Euro pro 250g-Packung. Die Franzosen legen halt mehr Wert auf die Ernährung als die Deutschen. Ok, bis hierhin ist es noch nicht so interessant. Das wird es erst an dem Punkt, wo es heißt, die Bauern würden z.B. von der Molkerei Lactalis nur 25 Cent per Kilo ausbezahlt bekommen. 

Da tut sich eine ungeheure Diskrepanz zwischen Auszahlungspreis und Ladenpreis auf. Das wird wohl auch der Grund dafür sein, dass die französischen Molkereien einen so starken Expansionskurs fahren und fahren können. Molkereiwachstum und Konsolidierungen sowie Weltmarktabsatz werden also in Frankreich in noch viel höherem Masse von den Bauern finanziert. Ob dies eine gute Strategie für Deutschland sein kann wage ich stark zu bezweifeln. 

 

Ich halte fest, dass ich es begrüße, wenn die Wertschöpfung in Deutschland erhöht werden soll, es aber für nicht zielführend halte, wenn dies nur durch Verdrängung anderer geschehen kann. Der Weltmarkt wird sich dadurch nicht erholen können und höhere Preise realisieren. Die Kostenstruktur in Deutschland lässt sich zweifellos verbessern und europäischen Verhältnissen angleichen. Aber nicht in dem Masse, dass die deutsche Milchwirtschaft weltmarktfähig wird, wenn das Qualitätsniveau der Produktion gehalten werden soll. Einzige Lösung scheint mir die Reduktion der Produktionsmengen und die Rückbesinnung auf Märkte, die die höhere Qualität auch bezahlen wollen, zu sein.

 

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