Das Wort zum Sonntag

Das Jahr 2009 verabschiedet sich. Und nicht nur das Jahr. Auch Menschen verabschieden sich. Nein, nicht ich. Zur Jahresabschlussrede musste sich unser Füh... Fürst noch einmal zu Wort melden. Und wenn ich sein Interview in der Passauer Neuen Presse richtig deute, so verabschiedet er sich selbst auch gleich mit. Aber lest selber, hier

 

Den vollständigen Artikel kopiere ich dann auch gleich hierher. Bevor er verschwindet:

 

PNP (Passauer Neue Presse)

vom 31.12.2009

 

„Ich sehe keine Spaltung der Bauernschaft“ 

 

„Eine Führungsperson muss auch etwas aushalten“ − für DBV-Präsident Gerd Sonnleitner war das vergangene Jahr auch geprägt vom Milch-Streit mit dem BDM. 

 

Nach einem Jahr voller Konflikte setzt Gerd Sonnleitner, Präsident des Bauernverbands, auf mehr Gemeinsinn unter den Landwirten und hofft auf steigende Umsätze. 

 

  Herr Sonnleitner: Trügt der Eindruck oder war 2009 für Sie tatsächlich das Härteste Jahr in Ihrer Amtszeit?

 

Sonnleitner: Sicher war dieses Jahr hart für mich, aber noch härter war es für unsere Bauernfamilien, weil die Preise in fast allen Betriebszweigen - darunter vor allem die Milchpreise - auf breiter Front abgestürzt sind, während die Produktionskosten hochgingen. Als ähnlich schwierige Zeit fällt mir nur die BSE-Krise ein - aber auch die haben wir damals gemeistert und genauso werden wir mit den jetzigen Problemen fertig werden.

 

  Der Unmut über diese Entwicklung hat sich stark auf ihre Person konzentriert. Hatten Sie - angesichts von Haberfeldtreiben und Anfeindungen - bisweilen Angst vorm eigenen Berufsstand?

 

Sonnleitner: Ich bin schon lange in der Politik und schwere Auseinandersetzungen gewöhnt. Eine Führungsperson muss es aushalten, wenn es manchmal etwas rauer zur Sache geht. Wenn es allerdings - wie geschehen - Drohungen und Einschüchterungen gegen die eigene Familie gibt, werden Grenzen des Anstands überschritten. Das geht nicht. Ich verstehe den Frust und die Enttäuschung mancher Bauern - aber da hilft es nicht, wenn wir uns gegenseitig bekämpfen, sondern wir müssen gemeinsam aus der Krise heraus.

 

„Keine Chance auf Milchquoten-Senkung“

 

  Ihren Appellen zum Trotz: Das Jahrzehnt endet mit einer Spaltung der Bauern, weil sich der BDM als konkurrierender Verband etabliert hat. Rückblickend, würden Sie heute etwas anders machen?

 

Sonnleitner: Zunächst: Ich sehe keine Spaltung der Bauernschaft, ich sehe allenfalls hochgekochte Emotionen und den Versuch einer Spaltung. Viele BDM-Anhänger sind auch Mitglied des Bauernverbands, weil sie wissen, wie notwendig unser Verband in seiner Gesamtheit ist, um die anstehenden Probleme zu lösen. Ich habe stets versucht, den Bauern die Wahrheit darüber zu sagen, was auf uns zukommt. Vielleicht wären die Emotionen weniger hochgeschlagen, wenn ich jedem nach dem Mund geredet hätte. Damit wäre ich aber meiner Verantwortung nicht gerecht geworden, weil es ja darum geht, mit welcher Strategie wir uns am besten für die Zukunft wappnen.

 

  Offenbar haben nicht nur die BDM-Vertreter andere Vorstellungen, sondern auch der Landwirtschaftsminister. Hat es Sie getroffen, dass sich Helmut Brunner im Grunde der Forderung nach einer Reduzierung der Milchquote angeschlossen hat?

 

Sonnleitner: Der Unterschied zwischen Minister Brunner und mir ist, dass ich - ebenso wie Kanzlerin Merkel und Bundesagrarministerin Aigner - nicht den Hauch einer Chance sehe, in Brüssel eine Milchquoten-Senkung durchzusetzen. Deshalb habe ich mich auf das konzentriert, was machbar war - nämlich Notmaßnahmen auf europäischer Ebene, um den Milchmarkt vor einem totalen Kollaps zu retten. Um eine vom BDM geforderte „flexible Mengensteuerung“ zu organisieren, bräuchte man einen Rechtsrahmen von der Politik, den es aber niemals geben wird, weil viele Länder in Europa an einer Begrenzung der Milchmenge nicht interessiert sind. Wir müssen den Realitäten ins Auge sehen und auf einem anderen Weg versuchen, unsere Position zu stärken - etwa indem wir im Moment versuchen, den Molkereien bessere Absprachemöglichkeiten zu verschaffen, damit sie der Marktmacht der Discounter etwas entgegensetzen können.

 

  Haben die Bauern in diesem Krisenjahr von der deutschen Politik genügend Unterstützung bekommen?

 

Sonnleitner: Ja, die bayerische Staatsregierung hat sich sehr stark für ein Sonderprogramm eingesetzt, das die Bauern durch verschiedene Maßnahmen insgesamt mit 750 Millionen Euro unterstützt. Das kann den Marktschaden natürlich nicht auffangen. Aber man muss anerkennen, dass uns mit den Möglichkeiten geholfen wurde, die der Politik noch zur Verfügung stehen. Die Möglichkeit, die Preise zu gestalten, gibt es nach den Agrarreformen und der Entkoppelung der Märkte schlicht nicht mehr. 

 

  Die Milchbauern mussten nach Angaben des Bauernverbands 2009 Einbußen von im Schnitt 45 Prozent hinnehmen. Gibt es Grund zur Hoffnung, dass sie 2010 wieder mehr verdienen?

 

Sonnleitner: Wir haben in den vergangenen Monaten schon gesehen, dass die Preise wieder anziehen und wir rechnen damit, dass sich das 2010 fortsetzt - wenn auch nicht in der Geschwindigkeit, in der wir es uns wünschen. Wie hoffen, dass auch die allgemeine wirtschaftliche Lage sich bessert und die Menschen mit ihren Krisenängsten die Kaufzurückhaltung abschütteln, weil dann auch wir Lebensmittelerzeuger davon profitieren. Wir haben 2009 zehn Preissenkungsrunden überstanden, irgendwo muss ein Ende sein.

 

„Bei Ernährung nicht erpressbar werden“

 

  Schon drohen neue Einbußen: Die EU will neue Kriterien für die Ausgleichszulage einführen, so dass möglicherweise viele Bauern die Förderung nicht mehr erhalten . 

 

Sonnleitner: Wir haben 60 000 Bauern, die in diese Förderung hineinfallen. Sie erhalten im Schnitt mehrere tausend Euro, die dazu beitragen, dass Landwirte auch unter schwierigen Produktionsbedingungen, etwa bei Hanglagen, im Wettbewerb bestehen können. Die EU hat bestimmte Kriterien aufgesetzt, die wir jetzt mit unserem System in Einklang bringen müssen, damit alle 60 000 Bauern weiter diese Förderung erhalten. Das ist kein leichter Kampf, aber ich bin zuversichtlich. Wichtig ist für mich, dass wir hier jetzt keinen Schnellschuss machen, der sich dann bei der anstehenden großen Agrarreform kontraproduktiv auswirkt.

 

  Welche Erwartungen haben Sie an die EU-Agrarpolitik ab 2013?

 

Sonnleitner: Trotz aller Unterschiede besteht zumindest in einer Sache Einigkeit in ganz Europa: Wir brauchen Versorgungssicherheit für 500 Millionen Bürger. Wir dürfen bei der Ernährung nicht erpressbar werden, wie es etwa bei Gas der Fall ist. Wir wissen aber auch zugleich, dass wir in einer globalisierten Welt in Europa nicht zu Weltmarktpreisen wettwerbsfähig produzieren können. Darum brauchen wir Landwirte weiter Ausgleichszahlungen. Als Bauernverband geht es uns daher darum, bei den Regierungen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was Landwirtschaft leistet - von der Nahrungsmittelherstellung bis zur Pflege der Kulturlandschaft. 

 

  Viele sagen, mit den Milliarden-Agrarsubventionen kann es so nicht weitergehen . . .

 

Sonnleitner: Was viele aber nicht wissen: Wenn wir in Europa alle Staatshaushalte in einen Topf werfen würden, dann wäre der Teil, der für den Agrarbereich ausgegeben wird, nur ein Prozent. Im Moment erscheinen die Agrarausgaben nur so hoch, weil die Agrarpolitik als einziger Bereich fast völlig in Brüssel konzentriert ist. Entscheidend ist aber doch, was dieses System leistet. Heute gibt eine vierköpfige Familien in Deutschland nurmehr elf Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Lebensmittel aus. Mit anderen Worten: Die vielgescholtene EU-Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte hat einen unwahrscheinlichen Nutzen für den Verbraucher gebracht, aber nicht im notwendigen Umfang für die Bauern. Deswegen kann ich die Öffentlichkeit nur warnen: Wenn man glaubt, noch weiter an der Schraube drehen zu müssen, müssen eben noch mehr Bauern aufhören. Dann ist die Gefahr groß, dass die Produktion zurückgeht, mit der Folge, dass wir vom Ausland abhängig werden und irgendwann der Preis explodiert.

 

„Große Spannen bei der Kostenstruktur“

 

   Was muss ein junger Bauer heute tun, damit er auch 2020 noch als Landwirt arbeiten kann?

 

Sonnleitner: Sehr viel Wert auf Aus- und Fortbildung legen und so die eigenen Stärken und Schwächen erkennen. Entscheidend ist für mich, dass die Jungbauern eine Fremdlehre machen - möglicherweise sogar im Ausland, damit man sieht, wie woanders gedacht und gearbeitet wird. Landwirtschaft gehört zu den Zukunftsbranchen. Doch wir müssen die unternehmerische Kompetenz weiter schulen. Gerade was die Kostenstrukturen angeht, sehen wir noch sehr große Spannen. Künftig werden die Bauern noch mehr mit Preisschwankungen zurechtkommen müssen. Die Ferkelerzeuger sind das schon eher gewohnt, für die Milcherzeuger ist das erst eine bittere Erfahrung der letzten Jahre. Um das zu erleichtern, gehört übrigens zu unseren Forderungen, dass wir in guten Jahren Gewinnüberträge in schlechte Jahre machen dürfen und wir eine Art Schwankungsreserve bilden können.

 

  Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner rät, weniger Fleisch zu essen, um nicht nur der Gesundheit, sondern auch dem Klima etwas Gutes zu tun. Was halten Sie davon?

 

Sonnleitner: In dieser Pauschalität ist mir das zu einfach gestrickt. Die Formel „Weniger Fleisch essen hilft, das Klima zu schützen“ stimmt so nicht. Wir haben seit den 90er Jahren den CO2-Ausstoß um 20 Prozent reduziert - und wir arbeiten daran, unsere Effizienz weiter zu steigern, das heißt, mit weniger Einsatz von Betriebsmitteln wie Dünger zu produzieren. Das Hauptproblem für das Klima ist doch die Verbrennung fossiler Brennstoffe - hier muss man ansetzen und hier werden auch die Bauern weiter versuchen, ihren Beitrag zu leisten. Der Verbraucher sollte vielmehr darauf achten, woher das Fleisch kommt und wie es produziert wurde. Wer regionale Lebensmittel kauft, trägt aktiv zum Klimaschutz bei. 

 

Wenn Sonnleitner also sagt

"Der Unterschied zwischen Minister Brunner und mir ist, dass ich - ebenso wie Kanzlerin Merkel und Bundesagrarministerin Aigner - nicht den Hauch einer Chance sehe, in Brüssel eine Milchquoten-Senkung durchzusetzen." 

muss ich mich fragen, ob er überhaupt den Versuch unternommen hat, solch eine Maßnahme durchzusetzen oder erst zu befürworten. Im Gegenteil hat er aber jedwede Unternehmung des BDMs durch Blitzbesuche vor entsprechenden Tagungen an Entscheidungsstellen behindert. 

 

Sonnleitner weiter:

"Um eine vom BDM geforderte „flexible Mengensteuerung“ zu organisieren, bräuchte man einen Rechtsrahmen von der Politik, den es aber niemals geben wird, weil viele Länder in Europa an einer Begrenzung der Milchmenge nicht interessiert sind."

Den es niemals geben wird. Woher will Herr Sonnleitner diese Gewissheit haben? Hat er Insiderwissen aus der Politik oder meint er, solche Rechtsrahmen würde es "mit ihm" nie geben?

Das viele Länder in Europa nicht an einer Begrenzung der Milchmenge interessiert sind ist allerdings glatt gelogen. Immerhin haben sich beim so genannten G22-Gipfel 22 der insgesamt 27 europäischen Mitgliedsländer in Frankreich getroffen, um über eine politische Neuausrichtung des Milchmarktes zu beraten. Der Wille ist also schon da. Und auch eine absolute Mehrheit in Europa dafür. Dies muss auch ein Herr Sonnleitner erkennen, ob er will oder nicht.

Was die möglichen Änderungen des Marktsystems angeht: Auch der Lissabonvertrag war sehr umstritten und wäre fast gescheitert. Und dennoch, er ist mittlerweile umgesetzt. Und auch dadurch gestalten sich in Zukunft die Mehrheitsverhältnisse in Europa ganz anders als bisher.

 

Mir kommt viel eher der Verdacht auf, Sonnleitner möchte nichts am Marktsystem ändern. Oder, fast noch schlimmer, er hat einfach aufgegeben. Und "seine" Bauern hat er damit auch gleich aufgegeben, denn wie er selber sagt

"Wir wissen aber auch zugleich, dass wir in einer globalisierten Welt in Europa nicht zu Weltmarktpreisen wettwerbsfähig produzieren können."

 

Da liegt der Hund begraben. Denn bisher hieß es aus DBV-Kreisen, allen voran Gerd Sonnleitner, dass wir eben in einer globalisierten Welt leben und nur eine Chance haben, wenn wir für den Weltmarkt, zu Weltmarktpreisen, produzieren können. Nun plötzlich, kurz bevor das Jahr zu Ende ist, gibt er zu, dass wir genau das, was er den Bauern ständig gepredigt hat bis sie es gebetsmühlenartig wiederholen, nicht können. Die Einsicht dürfte für viele Bauern zu spät kommen. Immerhin sind viele dem "Weg des DBV" gefolgt und haben versucht, sich durch teils massive Investitionen zu Vergrößern in der Hoffnung, sie könnten dadurch billiger produzieren.

Nun gibt Sonnleitner zu, dass all das nicht ausreicht, um auf dem Weltmarkt zu bestehen. Die Schulden sind aber bereits auf den Höfen. Und müssen irgendwie getilgt werden. Sonst sind vermutlich gerade die Wachtumsbetriebe, die Zukunftsbetriebe in den Augen des DBV, die ersten, die von der Industrie übernommen werden und die dann ehemaligen "Unternehmer" als Angestellte die Arbeit fortführen dürfen. Aufhören können diese Betriebsleiter ja längst nicht mehr. Der Schuldenberg hindert sie daran, hält sie in Abhängigkeit, zwingt sie zum Weitermachen auf Gedeih und Verderb.

 

"Darum brauchen wir Landwirte weiter Ausgleichszahlungen"

sagt Sonni deshalb auch. Allerdings ebenso

"Das kann den Marktschaden natürlich nicht auffangen."

 

Und dennoch versucht er gar nicht erst, etwas am Markt zu ändern? Traut er sich nicht? Oder was hält ihn auf? Hat er sich tatsächlich ergeben? Er ist doch sonst auch so fleissig unterwegs zu allen Stellen, die etwas mit der Landwirtschaft zu tun haben.

Oder konzentriert er sich nun, da er weiß, das die deutsche und europäische Landwirtschaft nicht auf dem Weltmarkt bestehen kann, nur noch auf die verarbeitende Industrie? Die auf dem Weltmarkt ganz anders arbeiten kann, solange sie nur billig genug einkaufen kann. Wenn dem so wäre, ist es an der Zeit, dass er das zugibt. Und seinem Verband einen neuen Namen gibt. Bauernverband wäre dann endgültig irreführend.

 

"Die Möglichkeit, die Preise zu gestalten, gibt es nach den Agrarreformen und der Entkoppelung der Märkte schlicht nicht mehr."

Auch hier sagt Sonnleitner nicht die Wahrheit. Oder hat er sich nie mit der Wirtschaft in anderen Branchen beschäftigt? Jeder anderen Branche ist eines gemein: sie produziert langfristig nur oberhalb der anfallenden Kosten. Kann sie sie nicht entsprechend senken, wenn die zu erzielenden Preise fallen, dann wird in günstigere Länder ausgesiedelt oder schlicht aufgehört. Das eine ist in der Landwirtschaft schwer möglich, das andere soll nicht möglich gemacht werden durch die Abhängigkeit von Krediten.

Jede andere Branche setzt ein altbewehrtes Mittel ein, um kostendeckende Preise umzusetzen: Mengensteuerung! Es wird nur dann mehr produziert, wenn es auch absetzbar ist auf dem Markt, zu kostendeckenden Preisen. Ist es das nicht mehr, wird die produzierte Menge begrenzt. Es wird Kurzarbeit angemeldet oder Überstunden abgebummelt, es werden bereits produzierte Waren auf Halde gelegt oder vernichtet. Aber auf jeden Fall produziert keine andere Branche, außer der Landwirtschaft, einfach auf Teufel komm raus, um dann jeden noch so niedrigen Preis anzunehmen, solange die Ware nur gekauft wird.

 

Zum BDM sagt er

"Ich verstehe den Frust und die Enttäuschung mancher Bauern - aber da hilft es nicht, wenn wir uns gegenseitig bekämpfen, sondern wir müssen gemeinsam aus der Krise heraus."

Leider handelt er nicht entsprechend. Gesprächsangebote des BDMs wurde immer wieder abgelehnt mit der Begründung, der Bauernverband wäre die einzig legitime Vertretung der Bauern. Also aus bloßer Eitelkeit. Das ist Schade. Eine Zusammenarbeit wäre sicher schwierig bei so gegensätzlichen Ansichten, aber unmöglich? Wenigstens ernsthaft versuchen sollte man es. Und vor allem, erst einmal dem Gegenüber aufmerksam zuhören. Anstatt die, die sich um ihre Existenz sorgen, in eine extremistische Ecke zu stellen und Aussagen zu verdrehen, zu beschneiden und als Träumereinen abzustempeln.

 

Zum Schluss hin richtet Sonnleitner noch ernsthafte Worte in Richtung Verbraucher

"Heute gibt eine vierköpfige Familien in Deutschland nurmehr elf Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Lebensmittel aus."

und

"Deswegen kann ich die Öffentlichkeit nur warnen: Wenn man glaubt, noch weiter an der Schraube drehen zu müssen, müssen eben noch mehr Bauern aufhören. Dann ist die Gefahr groß, dass die Produktion zurückgeht, mit der Folge, dass wir vom Ausland abhängig werden und irgendwann der Preis explodiert."

 

Ja, diese Gefahr besteht. Doch begegnen will Herr Sonnleitner dieser Gefahr nicht. Er beschränkt sich darauf, die Verbraucher zu "warnen". Das ist schon ein starkes Stück. Immerhin kann der Verbraucher herzlich wenig für die aktuelle Marktsituation. Natürlich: Geiz ist geil in diesem Land. Nirgendwo sonst gibt es so viele Discounter wie hier. Eben deswegen kämpfen diese verbittert um Marktanteile. Und der Milchmarkt macht es ihnen besonders leicht. In Zeiten der Produktionsausdehnung als Antwort auf die Entlassung auf eine zukünftig steigende Weltmarktnachfrage ist tendenziell zu viel Ware am hiesigen Markt. Solange die deutsche Produktion nicht zu Weltmarktpreisen liefern kann, was sie laut Sonnleitner selber eben nicht kann. Und da greift das Marktwirtschaftsgesetz: Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Zu viel Angebot oder zu wenig Nachfrage, und der Preis sinkt. 

Dann die Produktion noch weiter auszudehnen, um vermeintlich billiger zu werden, führt nur tiefer in die Schuldenspirale. Die nötigen Investitionen lassen sich nicht mehr erwirtschaften auf einem so niedrigen Preisniveau. Und die Discounter freut es genau so wie die verarbeitende Industrie: sie können den Rohstoff Milch billiger einkaufen.

Dummerweise kann das ehemals gute Image der deutschen Milch alleine durch Preissenkungen leiden. Die Wertigkeit wird in Frage gestellt, wenn etwas so günstig und reichlich zu haben ist. Aus diesem Grunde haben die Verbraucher auch weiterhin Kaufzurückhaltung geübt, obwohl Milch immer günstiger im Laden stand. Es kauft ebenso niemand mehr als er benötigt, auch wenn es noch so billig ist.

Ein Teufelskreis, aus dem die Landwirtschaft schnellstmöglich heraus kommen muss. Mit Produktion für den Weltmarkt ist es hierzulande bei unserem Kosten- und Qualitätsniveau nicht getan. Es wäre schön, wenn es so einfach wäre. Neue Ideen müssen her. Doch hier muss der DBV offensichtlich erst umdenken. Andere Wege zu blockieren, nur um einem etwaigen Gesichtsverlust zu entgehen, ist jedenfalls der falsche Weg. 

 

 

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