Darf ich sie herzlich bitten...

noch einmal darüber nachzudenken, ob sie sich nicht beteiligen wollen an dieser Solidarität?

 

Das fragt der Bauernverbandspräsident Werner Schwarz die Leserschaft des Bauernblattes. “Denn je mehr Mitglieder der Berufsverband hat, desto leistungsfähiger ist der Bauernverband”.

 

Ich habe es schon mal geäußert. Dem Bauernverband schwimmen die Felle davon. Zahlreiche Austritte, Kündigungen, auch immer wieder massenhaft zelebriert, bringen den Verband und seine Bonzen langsam ins Schwitzen. Und je mehr Mitglieder zu Nichtmitgliedern werden, desto weniger kann der Bauernverband seine Vormachtstellung demonstrieren. “Bauernverband als Interessenvertretung aller Landwirte” schreibt er. Allen ernstes? Herr Schwarz sollte langsam gemerkt haben, das sein Verband eben nicht die Interessenvertretung aller Landwirte ist. Ganz im Gegenteil. In erster Linie ist er ein Interessenvertreter der Nahrungsmittelindustrie. Und die will viel an mehr Kunden verkaufen. Das geht natürlich nur, wenn die Produkte billig sind. Und genau damit handelt er entgegen der Interessen der Landwirte.

 

Das der Bauernverband nun aber schon so verzweifelt ist, das er im Bauernblatt um Mitglieder werben muss, ist bezeichnend. Und peinlich. “Ich möchte alle unsere Berufskollegen, die noch nicht Mitglied sind (Anmerkung der Redaktion: oder nicht mehr Mitglied sind") bitten, mögliche Vorbehalte beiseite zu schieben und sich durch die Mitgliedschaft im Bauernverband solidarisch zu erklären”, so Herr Schwarz. Vorbehalte beiseite schieben, so so. Also vorbehaltlos Mitglied werden. Ja, das kann ich mir denken, das gerade solche Mitglieder dem Bauernverband am liebsten sind.

“Ich darf ausdrücklich sagen, dass es nicht darum geht, dass alle Mitglieder in einem Berufsverband einer Meinung sein müssen. Im Gegenteil: Unsere Verbandsarbeit lebt vom Austausch der unterschiedlichen Meinungen und Argumente, um das beste Ergebnis zu finden. Natürlich gibt es auch zum Ergebnis einer Diskussion unterschiedliche Meinungen. Nur: Wer nicht Mitglied ist, kann die Diskussion, die Willensbildung und die künftigen Beschlüsse nicht mitbestimmen.”

Ach, wenn dem nur so wäre. Ich habe es noch nicht erlebt, dass ich im Bauernverband etwas zu sagen hätte oder meine Meinung auch nur irgendwie in einer Diskussion angehört worden wäre. Mitbestimmen? Meiner Kenntnis nach hat der Bauernverband zumindest in den letzten Jahren nicht wirklich auf die Meinungen seiner Mitglieder gehört. Genau aus diesem Grunde sind ja so viele ausgetreten. Weil sie nicht angehört werden. Warum also sollte man jetzt wieder eintreten in diesen Verband, der sich so wenig um seine Mitglieder und so viel um ganz andere Interessenvertreter kümmert?

 

Werner Schwarz beruft sich auf die Milcherzeugervollversammlung in Neumünster. Dem Ereignis, das zur Eröffnung dieses Blogs geführt hat. Es wäre ein sieben Punkte umfassender Forderungskatalog aufgestellt worden an diesem Tag. Gut, das viele Bauern anderer Meinung waren schreibt er nicht. Auch nicht, das die vom Verband angeblich so geliebten Diskussionen in Neumünster nach kurzer Zeit für beendet erklärt wurden, weil nur gegenteilige Meinungen aus den Reihen der anwesenden Bauern kamen.

 

Die bereits erreichten Punkte aus dem Forderungskatalog führt er auf. Wohl um zu zeigen, wie viel der Bauernverband doch schon für alle Landwirte bewirkt hat. Als erstes die Senkung des Steuersatzes auf Agrardiesel auf nur noch 25 Cent. Eine Wahnsinnsleistung. Andere Länder geben den Agrardiesel noch immer für unter einem Cent her. Schwarz rechnet vor, das gerade die Milchviehbetriebe mehr davon profitieren würden als Ackerbetriebe. Um der Argumentation der Gegner Wind aus den Segel zu nehmen, gro0e Ackerbaubetriebe wären die Hauptprofiteure. Das er aber zwei Betriebe mit jeweils 150 ha vergleicht, einen Milchvieh- und einen Ackerbaubetrieb, ist schon etwas merkwürdig. Ich kenne jedenfalls keinen reinen Ackerbaubetrieb, der bei einer Größe von 150 ha überleben kann. Auch das der Milchviehbetrieb einen Dieselaufwand von 135l/ha hat gegenüber dem Ackerbaubetrieb mit nur 80l/ha ist auffällig. Ich hätte vermutet, die Betriebsstrukturen hätten bestenfalls gleiche Dieselaufwände. Aber da mag ich mich auch irren.

Der Milchviehbetrieb solle so durch die Senkung des Steuersatzes von knapp 1800 Euro im Jahr Steuererstattung profitieren. Der Ackerbaubetrieb hingegen nur von knapp 800 Euro. Ja und? Was sind denn 1800 Euro im Jahr? Bei einem Milchviehbetrieb mit 150ha gehe ich mal grob von einer Quote von 1 Million kg aus. Bei einer Milchpreisdifferenz von aktuell 18 Cent auf nur milde gestimmte 35 Cent, die mindestens drin sein müssen für eine kostendeckende Produktion ergäbe das Einbußen von 170000 Euro im Jahr. Nur durch den völlig abstrusen Milchpreis. Was sind denn nun Einsparungen von 1800 Euro gegenüber Mindereinnahmen von 170000 Euro? Eine tolle Leistung des Bauernverbandes? Wohl kaum. Das ist genauso spannend, als wenn beim Aldi ein Tetrapak platzt.

 

Zum zweiten hätte der Bauernverband erreicht, das die EU 70% der Direktzahlungen schon vorgezogen am 16. Oktober auszahlt. Ja Wahnsinn. Wem hilft es, wenn die Subventionen etwas früher kommen? Es ist kein Aufwärtstrend in Sicht beim Milchpreis. Das Geld fehlt dann halt später. Mehr gibt es dadurch nicht. Mehr wäre gegenüber dem Steuerzahler auch nicht zu vertreten. Da könnte der Milchkäufer auch gleich selber etwas tiefer in die Tasche greifen, anstatt billig zu kaufen und teuer Steuern abzudrücken, die an die Bauern bezahlt würden.

Eine Regelung bei der Erbschaftssteuer, die entgegen dem Bundesverfassungsgericht die Erbschaftssteuer bei Hofübergabe auf Null setzt wird als dritter Punkt angeführt. Das war allerdings schon Thema bevor die Milchmisere so richtig aufkam. Ein alter Hut, der nichts mit dem aktuellen Bedürfnissen in der Krise zu tun hat, wird hier als Wirken betitelt. Peinlich. Und Peanuts.

 

Punkt 4: Liquiditätshilfen. Super. Die Bauern dürfen jetzt offiziell noch mehr Schulden machen. Und wofür? Damit der Handel uns weiter aufs Kreuz legen kann. Und wir weiterhin für unter Aufwandskosten produzieren dürfen.

 

Punkt 5: Beitragssenkungen bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse. Durch Bundeszuschüsse. Hallo, lieber Steuerzahler, herzlichen Dank dafür, das du uns so tatkräftig unterstützt. Das der Bauernverband sich nicht schämt, solche Peanutsbeträge als Leistung in einer Krise auszugeben…

 

Und das sollen alles große Leistungen in einer Krise sein und dazu führen, dass mehr Landwirte Mitglied des Bauernverbandes werden. Gerade, wo so viele austreten, eben weil sie sich nicht vom Bauernverband vertreten fühlen. Solche Bastelarbeiten an populären Stellen bringen nichts, rein gar nichts, wenn es nicht eine funktionierende Mengensteuerung gibt! Sie verzögern das Höfesterben nur und machen es noch schlimmer.

 

Lieber Bauernverband, ich fürchte so wird das nichts. Ihr müsstet schon andere Meinungen in Euren Kreisen zulassen und anhören. Und auch entsprechend handeln. Vorher sehe ich für Euch schwarz, Herr Schwarz.


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